Ich will an dieser Stelle nicht die hundertste Beschreibung der Vorzüge und liebenswerten Eigenschaften des Kromis zu beschreiben, sondern möchte ein paar seiner Wesenszüge und die sich daraus ergebenden erzieherischen Anforderungen an den neuen Kromibesitzer etwas näher erläutern und beschreiben, wie ich damit umgehe.
Wer meine Kromfohrländer und Dansk-Svensk Gardhund mal live - einfach so - kennenlernen will kann sich mir gerne beim Gassigehen anschließen. Auf dem Weg in den Urlaub von Nord nach Süd oder umgekehrt kommt man ja oft an Nürnberg vorbei. Einfach anfragen und wenn ich es einrichten kann, komme ich auch nach Feucht. Bei der Gaststätte "Waldschenke Brückkanal" kann man gut Rast machen und am Ludwig-Donau-Main-Kanal schön spazieren gehen.
Der Kromfohrländer schließt nicht so schnell Freundschaften. Er ist eher zurückhaltend und alles und jeder Fremde wird erst einmal skeptisch beäugt. Der Leitspruch eines Kromis ist "my home is my castle" und er verteidigt dieses - wenn man ihn lässt - auch vehement.
Wenn man nicht das Leben eines Eremiten führen möchte, sondern Freunde zu sich nach Hause einladen will, muss man seinem Kromfohrländer vom ersten Tag an klar machen, das es weder seine Verantwortung noch seine Aufgabe ist das Haus oder seinen Menschen zu bewachen und gegen andere zu verteidigen. Er würde diese Aufgabe übernehmen, wäre aber hoffnungslos überfordert, da ein Wachhund mutig sein muss. Der Kromfohrländer gibt mit viel Getöse vor, diesen Mut zu besitzen, er hat ihn aber in der Regel nicht.
Die Taktik mit der ich die beste Erfahrung gemacht habe ist, dass ich mich bei meinem Hund bedanke, dass er mich auf den vermeintlichen Eindringling aufmerksam gemacht hat und ihm sage, dass das Weitere mein Job ist und er sich hinter mich stellen soll.
Viele Hundetrainer empfehlen, den Hund bei Besuch auf den Platz zu schicken. Dies ist für den Kromi mit seinem übersteigerten Folgetrieb jedoch die Höchststrafe. Man kann nicht erwarten, dass ein Hund sich über Besuch freut, wenn er jedes Mal von seinem geliebten Menschen weggeschickt wird. Da wird der Besuch schnell zum Feindbild.
Wenn man zur Miete wohnt könnte das anschlagen die Nachbarn stören, vom ersten Tag an darauf aufpassen, dass der Welpe nicht mehr als "Wuffwuff" meldet hält der nachbarschaftliche Frieden.
Welpen sind meistens sehr offen und begrüßen jeden begeistert und vertrauensvoll. Diese Offenheit gibt sich mit der Zeit und verliert sich unter Umständen nach dem ersten Pubertätsschub (um den 7. Monat rum) komplett. Dieses Verhalten kann durch die Erziehung in die eine oder andere Richtung beeinflusst werden.
Nach meiner Erfahrung gefällt es vielen Hundebesitzern, dass der eigene Hund sich ziert, wenn Fremde ihn anfassen wollen. Damit fördert man die Zurückhaltung.
Bei einigen Ringrichtern auf Hundeausstellungen gibt es aus deren Erfahrung mit zwickenden Kromfohrländern eine gewisse Skepsis gegenüber der Rasse. Die Zurückhaltung gegenüber Fremden steht in so ziemlich jeder Rassebeschreibung.
Ich lege bei der Erziehung meiner Hunde viel Wert darauf, dass sie sich von jedem anfassen lassen. Ich lasse sie nie irgendwo unbeaufsichtigt, habe also auch keine Angst, dass jemand sie stehlen könnte.
Gerade in Restaurants ist es mir schon passiert, dass jemand einfach vorbeiläuft und vor lauter Bewunderung den Hund einfach ohne zu Überlegen oder zu Fragen streichelt. Kay und Marani vergelten das dann mit ungestümen Gunstbezeugungen. Dies ist das eine Extrem. Das andere wäre, dass der Hund durch Zwicken erklärt, dass dieses menschliche Verhalten übergriffig ist. Womit der Hund grundsätzlich Recht hat - aber in unserer heutigen Gesellschaft führt dies meist zu Problemen.
Es gibt Beschreibungen, die bemängeln, dass der Kromfohrländer tendenziell unsicher ist. Hier haben die Züchter in den letzten Jahren sehr viel erreicht. Nicht zuletzt auch über das Einkreuzprojekt von Pro-Kromfohrländer. Auch dieses Thema hängt stark von der Erziehung ab.
Hier möchte ich auf einen sehr guten Text von Nina Miodragovic aus der Schweiz verweisen. Halbstarke Kromfohrländer-Rüden lassen einen gerne verzweifeln. Vielleicht hilft diese Beschreibung beim Durchstehen dieser schwierigen Zeit.
Kastration von jungen Hunden (drei- bis vierjährig) - Bitte nicht!
Und hier etwas Anschauungsmaterial zum Thema die armen, leidenden Rüden, wenn es läufige Hündinnen hat. Ihr seht hier meinen vierjährigen Pudel Snøfrid und Petras Hündin Cuba. Cuba ist läufig, sie befindet sich ca. zwei Tage vor der Standhitze. Und was machen wir? Wir behalten unsere Routinen bei und gehen wie immer mit allen Hunden spazieren. Einige Mal ermahne ich den Pudel und gut ist.
Snøfrid war in seiner pubertären Zeit mit Hündinnen phasenweise immer mal wieder sehr anstrengend und mühsam (das hätte er von mir sicherlich auch gesagt ): Er frass noch schlechter bis gar nicht, jammerte zu Hause rum, war aufgeregt, bestieg im Direktkontakt ziemlich siegessicher jede Hündin - oder versuchte es zumindest. HORMONE!!! Und auch mir schoss hin und wieder Gedanken durch den Kopf wie "braucht er das?", "ist er nicht drüber?", "will ich das?".
Tja, so ist das nun mal in der Pubertät. Anstrengend für alle Beteiligten. Das Pubertier hat ein Hirn, das im Umbau ist, die Hormone schiessen quer und er probiert sich aus, stellt alles (ausser sich) in Frage und pendelt zwischen Kuscheltier und Lederjacke. Und mein Part ist es, stabil zu bleiben, ihn zu mögen, ihn ernst zu nehmen, Grenzen zu setzen, Dinge einzufordern und ihn Erfahrungen machen zu lassen, ihm Reibungs- und Kuschelfläche zu bieten, ihn immer und immer wieder Frust erleben zu lassen.
Und langsam, langsam bewegt man sich Richtung Erwachsensein. Der Umbau im Hirn kommt kommt in die Endphase, die Hormongeschichte beruhigt sich etwas. Und siehe da: Nun plötzlich steht da ein kleiner, erwachsener Typ, der sehr wohl realisiert, dass diese Hündin hochläufig ist. Aber genauso hat er gelernt, ein NEIN zu akzeptieren und dass es keine Katastrophe ist, wenn man nicht alles im Leben bekommt, was man UNBEDINGT JETZT ABER HABEN MUSS! Frustrationstoleranz ahoi. Und nun können die Geschlechtshormone auch das tun, wofür sie nämlich auch da sind: Den Hund chillig werden lassen. Dem Hund die Möglichkeit geben, Situationen richtig einzuordnen. Nicht mehr wegen jedem Pups aus dem Fell fahren zu müssen.
Und deshalb: Lasst euren Hunden ihre Geschlechtshormone! Geht mit ihnen durch die Pubertät und lasst sie erwachsen werden! Denn möchtet ihr ein Leben lang 16 bleiben?? Eben.
(und etwas noch am Rande, was Sophie Strodtbeck auch immer so schön betont: Meiner Erfahrung nach ist es für Rüden wichtig, dass sie immer mal wieder in Kontakt kommen mit läufigen Hündinnen und ihnen klare Regeln vorgegeben werden. Denn läufige Hündinnen gehören zum Leben dazu wie alles andere auch. Deshalb ein Aufruf an die Hundeschulen: Lasst läufige Hündinnen bitte bitte an den Kursen teilnehmen! Das ist nämlich die Realität!).
Und ja, es gibt sicher den einen oder anderen Hund, dem eine Kastration hilft. Aber nicht im jugendlichen Alter. Dieser Entscheid kann immer noch im Erwachsenenalter getroffen werden.
Und noch was: Auch der Hormonchip hat meiner Meinung nach nichts in einem pubertären Hund zu suchen. Denn die Zeit, in der der Chip wirkt, kann nicht mehr nachgeholt werden. Und ich kenne inzwischen einige Rüden, welche auch nach dem Auslaufen des Chips in einem heftigen Hormonchaos blieben. Es ist nämlich nicht so, dass der einfach irgendwann "fertig" ist und dann ist alles fein zurück auf Start geht. Bitte bedenkt das.
Nur wer erwachsen werden darf - mental und körperlich -, kann sich irgendwann auch als erwachsener Hund benehmen.
© Nina Miodragovic www.so-denkt-ihr-hund-mit.ch
Ergänzend eine kleine biologische Erklärung. Die Hoden des Rüden produzieren nicht nur geschlechtsspezifische Hormone sondern sind verantwortlich für weitere Hormone und Enzyme die entscheidend für die Entwicklung des Hundes sind. Ein Indiz hierfür ist die Fellveränderung nach der Kastration (tatsächlich oder chemisch). Die wenigsten Tierärzte weisen darauf hin, dass auch der männliche Organismus einem Zyklus unterworfen ist und dieser bei einer Kastration berücksichtigt werden sollte. Ich kenne einige kastrierte Hunde, die bei Hundebegegnungen häufig die Prügelknaben sind.
Wie Nina schreibt, verschiebt ein Hormonchip Teile der Pubertätsentwicklung nur nach hinten. Stellt Euch einen 16jährigen Halbstarken vor der eine junge Frau ungeschickt und forsch anbaggert und dann dasselbe Verhalten bei einem Mann Ende zwanzig. Die Reaktion des hinzukommenden Freundes fällt vermutlich unterschiedlich aus ...
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